Es ist womöglich die wichtigste Aufgabe eines jeden Unternehmers, die eigene Zielgruppe zu definieren und zu verstehen. Bei der klassischen Zielgruppendefinition liegt der Fokus dabei in der Regel zunächst auf demografischen und soziografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Beruf, Familienstand und Einkommen. Allerdings kommt man damit allein heutzutage nicht weit. Zum einen wird beispielsweise die Diskrepanz zwischen kalendarischem und gefühltem Alter immer größer und zum anderen haben Konsumenten mittlerweile neue Ansprüche daran, wie sie angesprochen werden möchten. Es geht daher vielmehr um das individuelle Maßschneidern von Botschaften und die Frage, welche Mehrwerte und welchen Nutzen ich meinen Kunden bieten kann.
Anhand von Personas die eigene Zielgruppe kennenlernen
Zielgruppendefinition – Für wen mache ich das eigentlich?
Die zentrale Frage, die Sie sich stellen sollten, klingt erst einmal simpel: Für wen tue ich das, was ich tue? Die definitiv falsche Antwort auf diese Frage ist übrigens „für alle“. „Alle“ sind keine Zielgruppe. Nicht umsonst lautet eine der wichtigsten Grundregeln im Marketing „Versuchst Du alle zu erreichen, erreichst Du keinen“. Klar würde jeder Unternehmer seine Produkte am liebsten an alle Menschen auf der Welt verkaufen, aber das ist völlig unrealistisch. Menschen haben unterschiedliche Geschmäcker, verschiedene Werte und ganz individuelle Probleme. Wie soll man alle Menschen mit all ihren unterschiedlichen Eigenschaften mit einem Set an Botschaften ansprechen? Das funktioniert nicht, aber das ist auch nicht weiter schlimm. Solange der Markt groß genug ist, bietet er ausreichend Kunden für jeden. Die Aufgabe für jeden Unternehmer besteht also darin, die eigene Zielgruppe einzugrenzen und zu definieren.
Starten Sie mit dem Problem
Starten Sie nicht bei der Lösung, starten Sie beim Problem. Denn darin besteht Ihre wichtigste Aufgabe als Unternehmer: Durch das eigene Angebot, die spezifischen Probleme der Kunden zu lösen. Das kann natürlich nicht funktionieren, wenn man nicht weiß, wer die eigenen Leistungen oder Produkte überhaupt benötigt. Definieren Sie daher eine Zielgruppe, die ein Problem hat, das Sie verlässlich lösen können.
Es geht immer darum, die Dinge für ihre Zielgruppe besser zu machen, nicht für sich selbst. Wenn Sie das schaffen, wird es Ihrem Geschäft von alleine besser ergehen. Viele Ihrer Konkurrenten sind sicher auch gut in dem was sie tun. Die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen ist erforderlich, aber nicht ausreichend. Lernen Sie die Geschichten Ihrer Kunden kennen und handeln Sie danach. Versuchen Sie, die gesamte Nutzererfahrung in Bezug auf Ihr Produkt um diese Geschichte herum zu stricken.
Um herauszufinden, was die eigenen Kunden umtreibt und mit welchen Problemen sie konfrontiert sind, müssen wir uns ihre psychografischen Merkmale genauer anschauen.
Warum die psychografische Zielgruppe so wichtig ist
Psychografische Merkmale umfassen Dinge wie Motivation, Wünsche, Hoffnungen, Ängste, Sorgen, Werte, Stärken, Schwächen und den internen sowie externen Status. Diese Merkmale sind es, mit der sich unsere Zielgruppe wirklich eingrenzen lässt. So können Personen mit ähnlichen demografischen und soziografischen Merkmalen in Bezug auf ihre psychografischen Merkmale ganz unterschiedlich sein. Nehmen wir als Beispiel zwei 35-jährige männliche Ärzte aus Köln mit gleichem Einkommen. Erstmal würden wir beide zur gleichen Zielgruppe zählen. Beim Blick auf die psychografischen Merkmale stellen wir allerdings fest, dass der eine sicherheitsorientiert ist und sich nach Geborgenheit sehnt. Der andere hingegen ist abenteuerlustig und legt Wert auf Status und Wertschätzung. Obwohl sie sich oberflächlich ähneln, haben wir es hier mit ganz unterschiedlichen Menschen zu tun, die außer Alter, Geschlecht, Beruf und Wohnort nicht viel gemeinsam haben.
Studien zeigen, dass wir Menschen unsere Kaufentscheidung zu ca. 80% unbewusst aufgrund unserer Emotionen treffen. Das Unterbewusstsein trifft die Entscheidungen und dieses wird hauptsächlich von unseren Empfindungen gelenkt. Die Menschen wollen nicht das, was Sie verkaufen, sie wollen, was es für sie tun wird, wie es sie fühlen lässt. Wir schließen Versicherungen ab, um uns sicherer zu fühlen, wir machen uns selbstständig, weil wir freier und selbstbestimmter leben wollen. Und einige Porschefahrer unter uns sehnen sich womöglich nach ein bisschen mehr Bewunderung. Generell ist uns Menschen Status häufig wichtiger, als wir es uns manchmal eingestehen wollen. Daher macht es im Rahmen der Zielgruppenanalyse auf jeden Fall Sinn, sich zu fragen, wie sowohl der externe als auch der interne Status der eigenen Zielgruppe aussehen könnte. Extern meint hier, wie die Personen von ihrer Umwelt und Community eingeschätzt werden und intern, wie sie sich selbst sehen.
Schauen Sie sich in einem kleinen Exkurs die folgende Grafik an und überlegen Sie, wo Ihre Zielgruppe hier einzuordnen wäre.
Die Beispiele sollen als Orientierung dienen. Wir können davon ausgehen, dass eine Person wie der ehemalige US-Präsident Barack Obama, der von anderen Personen sicher einen hohen Status zugesprochen bekommt, diesen auch für sich selbst wahrnimmt. Wohingegen man weiß, dass beispielsweise Frank Sinatra, der in der Öffentlichkeit ebenfalls einen hohen Stellenwert genoss, unter dem Imposter Syndrom* litt und über kein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügte. Und dann gibt es natürlich Kandidaten, die von sich selbst wesentlich mehr halten, als der Rest der Welt, wie Captain Hook vielleicht.
Überlegen Sie sich dann ob und wie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung dazu beitragen kann, dass sich der Status Ihrer Zielgruppe verbessert oder zumindest beibehalten wird.
Wie erstelle ich eine Persona?
Aber zurück zu unseren Personas. Die Grundlage jeder Kaufentscheidung ist die emotionale Befriedigung eines Grundbedürfnisses. Daher stellen sie den wahrscheinlich wichtigsten Punkt im Rahmen der Zielgruppendefinition dar. Um sich also ein vollständiges Bild Ihrer Zielgruppe inklusive demografischer, soziografischer und psychografischer Merkmale zu machen, können Sie sich der Persona-Methode bedienen.
Personas sind forschungsbasierte, archetypische Vertreter Ihrer Zielgruppe. Sie zeigen, wer Ihre Kunden sind, was sie zu erreichen versuchen, nach welchen Zielen sie streben, wie ihre Kaufprozesse aussehen und wie sie überhaupt Kaufentscheidungen treffen. Sie geben Ihrer Zielgruppe ein Gesicht und machen diese greifbarer. Dies hilft später dabei, die richtigen Entscheidungen in Marketing und Vertrieb zu treffen. Hierbei gibt es allerdings einige wichtige Dinge zu beachten:
- Sie wissen, dass Sie eine gute Persona entwickelt haben, wenn Sie durch diese Einblicke in den Kaufentscheidungsprozess bekommen: Im Vordergrund stehen echte Kunden und deren Erfahrungen während der Customer Journey.
- Personas sind KEINE fiktionalen Personen: Entgegen einigen falschen Angaben im Netz denkt man sich nicht einfach beliebig Charaktere aus, weil man sich seinen Wunschkunden nun mal so vorstellt. Vielmehr braucht es echte Daten von echten Kunden.
- Die beste Methode, um an qualifizierte Daten für die Erstellung Ihrer Personas zu gelangen, sind Kundenbefragungen. Hier reichen am Anfang ca. 8 bis 10 Kundeninterviews. Auch wenn dies zunächst einiges an Arbeitsaufwand bedeutet, macht es sich später mit großer Sicherheit bezahlt.
Stellen Sie die richtigen Fragen
Wie bereits ausgeführt schaden demografische oder soziografische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Beruf bei der Erstellung Ihrer Persona nicht, führen Sie sie daher gerne mit auf. Wirklich wichtig sind aber folgende Fragen:
1. Was will die Persona erreichen?
Im Wesentlichen geht es darum, Muster zu modellieren, was Käufer durch ihre Verantwortlichkeiten, Schwerpunktbereiche und Strategien zu erreichen versuchen.
2. Welche Ziele beeinflussen das Verhalten der Persona?
Ziele können sowohl geschäftlicher als auch persönlicher Natur sein. Im Rahmen der Digitalisierung kann man erkennen, wie geschäftliche und persönliche Ziele miteinander verschmelzen.
3. Wie denkt die Persona?
Hierbei geht es darum, ihre Einstellung, Wahrnehmungen, Motivationen und Überzeugungen zu identifizieren.
4. Wie kauft die Persona?
Welche Kaufaktivitäten lassen sich erkennen und wie sieht ein klassischer Kaufprozess der Persona aus? Welche Inhalte werden von den Kunden genutzt und wie beeinflussen diese das Kaufverhalten?
5. Warum trifft die Persona eine Kaufentscheidung?
Eine zutreffende Antwort auf diese Frage zu bekommen ist nicht einfach, weil viele Kunden das tatsächliche „Warum“ nicht unbedingt teilen wollen. Der bereits angesprochene Porsche-Käufer würde auf die Frage, warum er sich einen schicken Sportwagen zugelegt hat, wohl eher nicht antworten „weil ich nach Bewunderung strebe“. Versuchen Sie hier nachzubohren und Ihren Kunden die wahren Beweggründe zu entlocken.
6. Wo kauft die Persona?
Hierzu ist es ratsam, die Customer Journey genauer unter die Lupe zu nehmen. Versuchen Sie zu verstehen, wie die Kunden sich durch die einzelnen Kanäle (sowohl online als auch offline) bewegen. Und wie wirkt sich das auf ihr Kaufverhalten aus? Wo und wie informiert sich die Persona?
7. Wann kauft die Persona?
Gibt es hier Hinweise auf verschiedene Phasen? Möglicherweise gibt es Zeiten, in denen die Kaufbereitschaft größer ist als zu anderen Zeitpunkten.
Versuchen Sie anhand dieser Fragen so viel wie möglich über Ihre Zielgruppe zu erfahren. Je mehr Sie wissen, desto besser können Sie Ihr Marketing und Ihren Vertrieb auf die wirklichen Kundenbedürfnisse ausrichten. Und umso erfolgreicher wird Ihr Unternehmen werden. Ganz egal ob Sie Solo-Selbstständiger sind oder eine Firma mit mehreren Mitarbeitern führen.
Fazit
Eine zentrale Aufgabe eines jeden Unternehmers ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Zielgruppe. Die wichtigste Frage dabei ist die nach einem Problem, das die eigene Kundschaft umtreibt und wie man selber zur Lösung beitragen kann. Ein wichtiger Schritt zur Identifizierung des Problems ist die Erstellung von Personas inklusive demografischen, soziografischen und vor allem psychografischen Merkmalen. Wenn Sie hierdurch Einblicke in die Kaufentscheidungsprozesse Ihrer Kunden erlangen, haben Sie eine gute Grundlage für unternehmerischen Erfolg gelegt.
Wenn Sie wissen wollen, wie es nach der Entwicklung Ihrer Personas weiter geht, gucken Sie sich unseren Blogartikel zur Bestandsaufnahme Ihres Unternehmens an. Hier finden Sie noch mehr hilfreiche Modelle zur Unternehmensentwicklung.
*Syndrom, bei dem die Betroffenen von starken, zumeist unbegründeten Selbstzweifeln geplagt werden.
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